Zukunft Zollstrasse Mai 2018

30.05.2018Gemeinschaft Zollhaus – Vorschlag für eine Mieter*innen-Organisation

Nichts weniger als den Kulturen des Gemeinsinns, der Teilhabe, des mit- und nebeneinander Lebens und Arbeitens im künftigen Zollhaus und des Quartiers wollen wir uns an diesem Abend annähern. Die AG Zollhaus stellt ihr Mitbestimmungs-Konzept vor: Wie kann Eigeninitiative blühen, wie regeln wir, dass nach der Feier die Kasse stimmt, der Kühlschrank gefüllt und wieder sauber ist?

«Selbstverwaltung heisst nicht, wir machen alles selber, sondern wir entscheiden, was wir selber machen» sagt Kurt Lampart und eröffnet mit diesen markigen Worten den Anlass zur Zukunft Zollstrasse im Mai. Im Zentrum steht die Gemeinschaft Zollhaus und wie eine mögliche Mieter*innen-Organisation aussehen könnte. Kurt Lampart wohnt in der Giesserei Winterthur, einer selbstverwalteten Siedlung mit 151 Wohnungen der Genossenschaft Gesewo, die 2013 eröffnet wurde. Selbstverwaltung in einer so grossen Siedlung sei nicht immer einfach, weshalb sie Konzepte und Richtlinien erarbeiten mussten, um das Ganze überhaupt zum Laufen zu bringen. Die Gemeinarbeit wird gemeinsam über den Hausverein definiert und über kleinere Gruppenstrukturen umgesetzt und in momentan rund 19 verschiedenen Reglementen schriftlich festgehalten. Alle Informationen sind auch auf dem Giesserei-Internen Intranet zu finden. Das töne vielleicht etwas abschreckend, sei aber nicht so wild, weil Reglemente nur im Konfliktfall beigezogen würden. «Jede erwachsene Person verpflichtet sich zu rund 30 Stunden Gemeinwesenarbeit pro Jahr» erklärt Kurt Lampart. So ist es möglich, dass rund 330 Personen in einer Siedlung mehr oder weniger konfliktfrei ohne Hauswart zusammenleben und die Gemeinschaftsräume genutzt und betrieben werden.

Suchen nach einem System fürs Zollhaus

Das Zollhaus wird nur rund ein Drittel der Personen der Giesserei beherbergen, dennoch muss auch hier eine funktionierende Mieter*innenorganisation entworfen werden. David Gaus von der AG Zollhaus machte deutlich, welche Räume unter die Selbstverwaltung fallen. Im Erdgeschoss liegt am Haupteingang das Forum, das neben dem Theater und dem Restaurant zu rund 50 Prozent von den Bewohner*innen genutzt werden kann, im Keller entsteht eine Werkstatt und auf dem Dach auf Haus B können neben der Pergola weitere Räume betrieben werden. Am Innenhof im Haus A liegt ein 40 Quadratmeter grosser Gemeinschaftsraum und an der Gleisterrasse die interne Cafeteria mit gut 100 Quadratmetern für alle Mietenden von Wohnen und Gewerbe. Beide sollen selbstverwaltet eingerichtet, gepflegt und betrieben werden. «Als zentrales Organ schlagen wir eine Zollhaus Versammlung vor» erläutert Muriel Thévenaz, ebenfalls von der AG Zollhaus. «Sie soll offen sein für alle, also auch für die Gewerbebetriebe, und soll Betriebsgruppen für die Bewirtschaftung der einzelnen Räume hervorbringen». Ob und wie der Austausch mit dem Quartier funktionieren soll, ist noch offen und war Gegenstand reger Diskussionen. Der Vorschlag der AG Zollhaus sieht vor, dass Vertreter des Quartiers eng einbezogen werden und auch an den Zollhaus Versammlungen teilnehmen. In der Diskussion wurden Stimmen laut, die diesen Einbezug des Quartiers ohne Einschränkung begrüssten, aber auch solche, die sich vor der Beteiligung Aussenstehender fürchten. Wie ein gelingendes Zusammenspiel mit dem Quartier gelingt, wird also noch entwickelt werden müssen. In der Diskussion um die Entscheidungsfindung in der Versammlung wurde hingegen schnell klar, dass das Konsentprinzip, das allen die Möglichkeit gibt ihre Meinung zu äussern und auf vorläufige Zustimmung zu einer Vorlage abzielt, gossen Anklang findet. In der angeregten Debatte wurde deutlich, dass die künftigen Mietenden im Zollhaus einige Punkte noch schärfen müssen, der Tenor aber war deutlich: «Das, was das Leben ausmacht, soll in den internen Strukturen auch abgebildet werden.»

PDF AG Zollhaus: Leben und wirken im Zollhaus

Die vorliegende Fassung des PDF «Leben und Wirken im Zollhaus» ist eine vorläufige Version, die vom Vorstand der Genossenschaft Kalkbreite noch diskutiert und später von den Mietenden im Zollhaus zu Ende entwickelt wird. Verschiedene offene Fragen sind noch zu definieren, so etwa Fragen zu Aufgaben und Kompetenzen, Finanzthemen und Vetorechten (Stand: 29.5.2018)

Text & Bilder: Valérie Clapasson

Zukunft Zollstrasse Mai 2018