Mit seinem Projekt „Genossenschaften“, gewann Christoph Faulhaber 2010 den Kunst-und-Bau-Wettbewerb für den Wohn- und Gewerbebau Kalkbreite. Zentrale Idee bei Faulhabers Projektvorschlag war es, das gesamte Preisgeld in Höhe von CHF 240’000 für die kommenden 24 Jahre anzulegen und dem Künstler den jährlichen Zinsertrag für sein Schaffen zur Verfügung zu stellen. Als Gegenleistung stellt dieser ein Zwölftel seines jährlichen Schaffens der Genossenschaft zur Verfügung. Nach 24 Jahren, wenn die Siedlung längst gebaut, bezogen und belebt ist und die nächste Generation erwachsen geworden ist, steht das Geld, zweckgebunden für Kunst-und-Bau, wieder zur Verfügung.
Wohin mit der Kunst?
Als diesjährige künstlerische Dividende überlässt Faulhaber der Genossenschaft sechs überdimensional grosse Plastikbälle. Es ist ein Zwölftel seiner Ausstellung «Revolution und Architektur», eine Installation aus achtzig bunten Bällen mit je drei Meter Durchmesser, mit der er das ehemalige Kirchenschiff der Kunsthalle Osnabrück in eine Hüpfburg verwandelte. Die Bälle sind Ausdruck unserer Spass- und Spektakelgesellschaft, liest sich im Katalog. Sie sind «Made in China», hergestellt aus PVC und symbolisieren uns über den Kopf gewachsene Spielzeuge.
«Wir geben ihm keine Zinsen und er revanchiert sich mit einem Haufen Müll», witzelt eine anwesende Bewohnerin. Was also soll im Weiteren mit dieser Kunst geschehen? Alle bisherigen Arbeiten von Faulhaber liegen sicher in einem Bankfach der ZKB. Aber wohin mit sechs Kunststoffbällen von je 18 kg Gewicht, die aus feuerpolizeilichen und Sicherheitsgründen auf dem Genossenschaftsareal nicht längerfristig installiert werden können? Im Keller lagern? An Demonstrationen mitnehmen? Als Sondermüll entsorgen? Es wird lange diskutiert. Über die philosophisch-künstlerische Beziehung, die die sechs Bälle zu den übrigen 74 Bällen haben – sind sie Teil von etwas Grösserem oder in sich eine eigenständige Kunstinstallation? Über die fragwürdigen Arbeitsbedingungen in Guangzhou, wo die Bälle hergestellt wurden. Über den Umweltsünder PVC. Über die Verantwortung der Genossenschaft. Über die Verantwortung des Künstlers im Dienste der Genossenschaft. Über Urheberrechte und Sorgfaltspflicht.
Bis die Luft draussen war. Aus dem Raum und aus dem gelben Kunststoffball, der mittlerweile flach wie ein Spiegelei den Innenhof ziert. Diese Frage abschliessend zu beantworten, überfordert die Gruppe der Kunstinteressierten. Ausserdem sehen sie sich nicht befugt im Namen aller Bewohner*innen und Genossenschafter*innen über den Verbleib dieses Kunstwerks zu entscheiden. Es soll eine Arbeitsgruppe einberufen werden an der nächsten Gemeinrat-Sitzung, welche sich dieser Aufgabe annimmt. Ausserdem sollen alle Bewohner*innen und Genossenschafter*innen die Möglichkeit bekommen, ihre Ideen und Meinungen miteinzubringen.

