12.09.2019Frösche im Klärwerk

An diesem sonnigen Sonntagnachmittag treffen wir uns im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Zukunft Zollstrasse“ im Klärwerk Werdhölzli, um der Verarbeitung des Abwassers auf die Spur zu kommen. Frau Merz, unsere Rundgangleiterin, wird uns die nächsten zwei Stunden über das Gelände führen und die Reinigungsverfahren erklären. Sie sagt schon mal vorwarnend, dass wir viel laufen werden – die Anlage sei 1km lang. Ich stelle also mein Jogging-App ein, um dem genauer auf die Spur zu kommen. Nun geht’s los in zügigem Schritt, an Gebäuden und Wegweisern vorbei, zur ersten grossen Info-Tafel. Uns wird der Ausgangspunkt nochmals vor Augen geführt – nämlich wie wir zuhause täglich Abwasser produzieren und was wir in den Abfluss stopfen, was dort nicht hingehört. Dies im Hinterkopf geht’s nun zur ersten Station, wo das ganze Abwasser der Stadt zusammenkommt. Frau Merz öffnet den Schacht und da fliesst sie nun, die kollektive Dreckbrühe Zürichs. Alles ist da zu sehen, bliebe man nur etwas länger stehen. Wir sind aber schon etwas spät dran, um die sonntäglichen Essensresten zu begutachten. Aber das macht nichts – auch so gibt’s genug zu sehen!

Beim nächsten Halt, dem Rechengebäude stinkt es nun richtig. Die meisten von uns halten sich mit der Hand oder einem Taschentuch die Nase zu. Im Rechengebäude werden die grossen Stücke aus dem Wasser gefischt, wie Steine, Papier, Holz aber auch Gebisse, Handys, Schlüsselbunde, Kreditkarten, Spielzeugautos und allerlei mehr. Das Staunen ob all den Objekten ist gross. «Werden Messer im Abwasser gefunden, wird die Polizei eingeschaltet», erklärt uns Frau Merz. Es könnte sich ja um eine Tatwaffe handeln. Wieder raus aus dem Gebäude erfreuen wir uns der frischen Luft und atmen genüsslich durch die Nase. Ein paar Schritte weiter kommt schon der nächste Reinigungsschritt und mit ihm der «Jö-Effekt»: Eine kleine Leiter kommt aus dem mit Fettklumpen überzogenen Wasser hoch und führt direkt in eine graue Plastikbox, wo duzende kleine Frösche sitzen und hüpfen. Insgesamt gibt es fünf solche «Frosch-Rettungs-Boxen» und zweimal pro Tag werden die kleinen Amphibien im Grünen ausgesetzt. Mit einem beschwingten Gefühl und mit neugierig fröhlicher Stimmung geht es weiter durch diese imposante und teilweise wunderschöne Anlage. Wir erhalten unzählige Informationen zur biologischen und chemischen Reinigung und zu den Vorgängen der Ozonierung. Mit Ozon werden hier Mikroverunreinigungen wie Medikamentenrückstände, Pflanzenschutzmittel oder Hormone aufgespaltet. Dann wird das Abwasser zur Filtration weitergeleitet, wo die verbliebenen Feststoffe im Abwasser durch eine Sandschicht sickern und dort hängen bleiben.

Damit ist die Reinigung beendet. Es benötigt fünf Reinigungsschritt und 19 Stunden, bis das Abwasser gesäubert in die Limmat geführt werden kann. Meine Jogging-App zeigt an: Gelaufen 2.57 km, Dauer 2h12min, verbrannte Kalorien 523. Es ist in der Tat eine grosse und beeindruckende Anlage. Wir hatten einen lehrreichen und unterhaltsamen Nachmittag, mit vielen Informationen, Fragen und Diskussionen. Herzlichen Dank an Frau Merz und Herrn Abegglen, die ihre Zeit und ihr Wissen mit uns geteilt haben.

Übrigens:
In der Schweiz produzieren wir durchschnittlich 147 Liter Abwasser pro Tag und Person. Und wusstet ihr, dass Herr und Frau Schweizer mit den Dänen zusammen die grössten Abfallverursacher weltweit sind? Pro Kopf produzieren wir 734 Kilogramm Abfall pro Jahr. Ein Grund für diese Goldmedaille ist die enorme Bautätigkeit in der Schweiz.

Text: Ursina Merkt