LEBENSLANG

25.04.2019“HierSein” und Anderssein

Rund 50 Personen kamen letzten Montag – bei schönstem Frühlingswetter – zum Filmabend «Was Migrant*innen sehen» in die Kalkbreite. Gezeigt wurden drei berührende Kurzfilme über Auswandern, Flucht und Anderssein.

Die Filmbeiträge kamen aus der Videowerkstatt des MAXIM Theaters, mit dem zusammen der Filmabend organisiert wurde. Claudia Flütsch, Geschäftsführerin des Maxim Theaters, Felix Hergert, Projektleiter der Videowerkstatt und Marileide Oliveira, eine der Regisseurinnen, erzählten zu Beginn über das MAXIM Theater und die Entstehung der Filme:

Das MAXIM Theater gibt es bereits seit 12 Jahren und es prägt wie kein anderes Theater die Kultur im  Langstrassenquartier. Für viele Menschen aus unterschiedlichen kulturellen, religiösen, sprachlichen und sozialen Kreisen ist es ein Ort der Begegnung und des Austausches. Hier sind alle willkommen, die Freude und Interesse am Theaterleben haben. Das MAXIM Theater produziert eigene Stücke, bietet Sprachtrainings, unterschiedliche Workshops und Projekte an. Eines dieser Projekte war die Videowerkstatt von Felix Hergert, aus dem die drei Filmbeiträge stammen. Das Projekt startete im Juni 2018 mit dem Ziel, in einem partizipativen Prozess Fragen zum „HierSein“ zu diskutieren, sich die Technik des Filmemachens anzueignen und eigene Kurzfilme zu realisieren. Die teilnehmenden Regisseur*innen aus Russland, Brasilien und dem Irak hatten kaum Erfahrung im Filmemachen. Sie lernten das Geschichtenerzählen, die Kameraführung und mussten die Produktion selbst organisieren. Marileide Oliveira, Regisseurin des Filmes Lebenslang war dann auch überrascht, wie viel Arbeit hinter 10 Minuten Film stecken. Es sei für sie alles neu gewesen und eine grosse Herausforderung. Mit dem Resultat ihres Filmes sei sie aber sehr zufrieden.

Und dann hiess es: Film ab! Gestartet wurde mit Flucht & Fluch von Ronan Ahmad. Der 30-minütige Film erzählt von der Flucht aus dem Irak, nach Europa und in die Schweiz. Von den Gefahren und Schwierigkeiten, denen man auf der Flucht ausgesetzt ist. Und von den Schwierigkeiten, die bleiben, auch wenn man angekommen ist. Gefolgt wurde der Film von der 10-minütigen Doku Ich bin ein Schweizer…nicht von Victoria Feuillerat. Die Geschichte eines Immigranten, der sein Bestes tut, um sich in die heutige individualistische Gesellschaft einzufügen. Er spricht offen und ehrlich über seine Vergangenheit in Südafrika, ein einzigartiges Treffen mit seiner grossen Liebe, seinen Weg in die Schweiz und wovon er heute träumt. Der Abschluss machte der Kurzfilm Lebenslang von Marileide Oliveira, in welchem ein junger Familienvater auf dem Schulweg von der Polizei aufgehalten wird. Das bringt ihn zur Verzweiflung und er beginnt, sein Leben zu hinterfragen.

Nachdem die Filmvorführung zu Ende und kurz Zeit war, die Filme setzen zu lassen, wurde die Runde fürs Publikum geöffnet. Es entstand eine spannende und rege Diskussion. Viele Fragen gingen an die anwesende Regisseurin und die Kursleiter. Speziell der zweite Film wurde kontrovers besprochen, Haltungen hinterfragt, die eigene Wahrnehmung inspiziert und Alltagstipps weitergegeben. Es war deutlich zu sehen und spürbar, dass Migration und Integration uns alle angeht und bewegt. Und auch nachdem die Veranstaltung offiziell zu Ende war, ging die Diskussion an der kleinen Caféteria-Bar noch lange weiter.

Text: Ursina Merk