18.06.2019Frauen* für das Zollhaus

Der vergangene Freitag war legendär – gemäss Medienberichten nahmen rund 80’000 Frauen (und vereinzelt auch solidarische Männer) am Demonstrationsumzug des Frauen*streiks in Zürich teil. Gemäss dem Frauen*streik-Komitee waren es sogar 160’000 Teilnehmer*innen!

Die Strassen und Plätze waren zum Bersten voll, die Stimmung war friedlich, euphorisch, solidarisch, ausgelassen und lila. Vom Helvetiaplatz zum Hauptbahnhof, über den Paradeplatz zurück an den Helvetiaplatz verlief der Demonstrationsumzug. Er führte auch durch die Zollstrasse, vorbei an der Baustelle Zollhaus. Dort werden gerade Baumeisterarbeiten verrichtet und der Rohbau in die Höhe gezogen – und dies ausschliesslich von Männern. Ist die Baubranche die Manifestation altherkömmlicher Gender-Realitäten im 21. Jahrhundert?

Wir meinen: Ja und nein.

Es ist naheliegend zu glauben, dass Häuser von Männern gebaut werden. Die Tatsache, dass auf Baustellen fast ausschliesslich Männer arbeiten ist evident. Und tatsächlich haben sich Frauen im Bauhandwerk nur in einigen spezifischen Gebieten durchsetzen können. Aber hinter einer Baustelle steckt natürlich auch sehr viel weibliche Arbeit – beziehungsweise Arbeit, die von Frauen verrichtet wird. Sei dies im Entwurf, in der Projektleitung oder in der Administration.

Auch bei der Projektleitung des Zollhauses sind die Rollen verteilt – unsere Mitarbeiterin Nina Schneider ist mit der Leitung von Nutzung und Partizipation betraut während Kollege Andreas Billeter die bauliche Projektleitung innehat. «Weibliche Intelligenz prägt das Bauwesen dahingehend, dass Frauen ein Gebäude von der Nutzung aus denken», stellt Nina Schneider fest. Ihr falle auf, dass in den entsprechenden Bereichen des Baus tatsächlich mehrheitlich Frauen arbeiten. So zum Beispiel in der hindernisfreien Architektur, dessen Schweizer Fachstelle im Zollhaus einziehen wird. Auch in den Arbeitsgruppen «Wohnen im Alter» im Zollhaus seien Frauen sehr präsent und machen sich für neue Wohnformen stark. Das Zollhaus ist demnach stark an Frauenbedürfnissen orientiert und wird von solchen geprägt sein.

Eine weitere Möglichkeit, althergebrachte Rollenmuster zu überholen, bieten neue Wohnformen wie z.B. Grosshaushalte oder Cluster-Wohnungen. Bereits in der Wohn- und Gewerbesiedlung Kalkbreite hat die Genossenschaft Wohnformen realisiert, die neue Familienmodelle und den Ausbruch aus der klassischen Kleinfamilienstruktur ermöglichen. Für eine violette Zukunft.

Text: Aline Diggelmann