28.01.2020Das Zollhaus ist aufgerichtet

Das Zollhaus hat sein Aufrichtfest gefeiert! Am letzten Donnerstagabend um 17 Uhr versammelten sich Arbeiter, Vorarbeiter, Poliere, Maurer, Zimmerleute, Elektriker, Monteure (ja, alles männliche Zeitgenossen), Architekt*innen, Fachplaner*innen und viele weitere Gäste, die bisher am Bauprojekt beteiligt waren, im Forum des Zollhauses zum Apéro.

Betritt man das Zollhaus heute durch sein Forum, kommt man aus dem Staunen nicht heraus: Das Spiel von Licht und Schatten auf den in alle Richtungen laufenden Betonflächen ist beeindruckend – überallhin will man den Linien, Flächen und Formen folgen, die sich hier treffen und gleichzeitig verlaufen. Dass der Flex „de luxe“, wie der angehende Bewegungsraum genannt wird, oben quer ins Forum hineinragt und sich das Oblicht, kreisrund wie ein Bullauge, von der geradlinigen Architektur abhebt, sind nur zwei räumlichen Leckerbissen, die hier aufwarten. Das Gleiscafé mit gleichnamiger Terrasse sowie der daneben angesiedelte Aufenthaltsraum laden – zumindest in der Vorstellungskraft – schon zum Verweilen ein. Auch der Innenhof ist mittlerweile gut erkennbar und die Ausblicke aus den künftigen Wohnräumen lassen sich durch die Gerüste hindurch erahnen.

Für den heutigen Abend sind die Glasbausteinmauern im Foyer in unterschiedlichen Farben beleuchtet und verleihen dem Rohbau eine festliche Stimmung. Dass alle paar Minuten ein Zug vorbeifährt, kann niemanden stören. Die Erschütterungsmatten, welche die Genossenschaft rund eine Million Franken hat kosten lassen, zahlen sich merklich aus: Das gefüllte Weinglas bewegt sich kein Mü. Und während über den Geleisen der Abend hereinbricht und gegenüber in der Europaallee die Lichter angehen, nimmt das Programm auch hier seinen Lauf. Projektleiter Andreas Billeter verdankt in seiner Begrüssungsrede die kompetente und vor allem lösungsorientierte Zusammenarbeit aller Beteiligten. «Das fängt ja gut an», dachte er damals, als schon ganz zu Beginn der Bauarbeiten die Baugrube unter Wasser stand. «Und es geht munter weiter», als kurz darauf wegen neuer Brandschotte die Arbeitsetappen des Baumeisters umgestellt werden mussten. Aber die Probleme wurden dank beherztem Einsatz der Beteiligten gelöst. Andreas Billeter ist sichtlich stolz darauf, was in den letzten eineinhalb Jahr hier gearbeitet und erschaffen wurde. Und stolz sind nicht nur die Bauherrschaft und die Projektleiter*innen – auch die Zimmerleute tragen ihre Tracht und ihre Berufsgattung an diesem Abend stolz zur Schau.

Als zweiter Redner tritt Bauleiter Magnus Furrer ans Mikrophon. Auch er sagt: «Das Zollhaus ist kein übliches Bauprojekt, die komplexe Mischung von Wohnen und Gewerbe bedurfte planerischer Hochleistungen.» Kurzfristige Änderungen der gesetzlichen Lüftungsvorgaben, komplizierte Bauabläufe, hohe Nutzungsansprüche und Erwartungen an eine ökologisch einwandfreie Bauweise von Seite der Bauherrschaft, enge Platzverhältnisse und eine anspruchsvolle Architektur seien mit Bravour gemeistert worden und das Ergebnis sei von hoher Qualität. «Dies alles ist den zuverlässigen und kompetenten Unternehmern, Planern und Spezialisten zu verdanken, die diese komplexe Zusammenarbeit möglich gemacht haben» sagt Furrer. «Eine Stadt in der Stadt», nennt Magnus Furrer das Zollhaus und schliesst mit diesen Worten den ersten Teil des Abends.

Die verrichteten Bauarbeiten werden nicht nur in Wort, sondern auch in Bild geehrt. Eine Diashow mit Baustellenfotografien von den Fotograf*innen Luca Zanier und Martina Meier – jedes Bild ein Kunstwerk für sich – läuft über den Köpfen der Redner über den Rohbeton. Als würden wir durch ein Fenster auf die letzten 18 Monate der Baustelle Zollhaus blicken, werden wir dank dieser Fotografien Zeugen der vielen anspruchsvollen Arbeiten, die hier getan wurden.

Das anschliessende Abendessen findet im ersten Stock, auf der Fläche der zukünftigen Flex-Meetingräume, in einem geheizten und weiss eingedeckten Speisesaal statt. Der Raum verfügt bereits über Fenster; weitere Öffnungen wurden flugs für das Aufrichtfest abgedichtet. Tatsächlich werden auch die Gemüter schnell warm – spätestens aber, als die Zimmerleute ihren Zimmermannsklatsch zum Besten geben. Dass im weiteren Verlauf des Abends mehrfach Gläser zerbrechen, kann ja wohl nur Gutes verheissen. Oder zumindest, dass «es munter weitergehen kann».

Text: Aline Diggelmann